Der Projektpartner RWTH Aachen stellt sich vor

Von Seiten der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen ist der Lehrstuhl für Strömungslehre und das Aerodynamische Institut (AIA) an diesem Projekt beteiligt. Das AIA gehört zum Fachbereich Maschinenbau der RWTH Aachen. Die experimentellen und numerischen Abteilungen sowie das Labor für biomedizinische Strömungen bilden die Struktur des Instituts. Mit einem jährlichen Ausgabevolumen in Höhe von ca. 2 Mio. € und ca. 40 öffentlich und privatwirtschaftlich geförderten Forschungsvorhaben gehört das AIA deutschlandweit zu den forschungsstärksten Hochschulinstituten in der Strömungslehre. Als zukunftsorientierte Forschungseinrichtung strebt das AIA die Sicherung und kontinuierliche Ausweitung der Forschungsqualität nach internationalen Maßstäben an. Die Forschungsausrichtung wird neben der wissenschaftlichen Fundiertheit bestimmt durch die Aktualität und die Zukunftsorientierung der Vorhaben. Zu den langfristigen Zielen des Instituts zählen die Stärkung und der Ausbau ihrer drittmittel- und forschungsstarken Position innerhalb der Ingenieurwissenschaften. Durch eine signifikante Erhöhung der Interaktionsintensität mit der Wirtschaft soll der Wissens- und Technologietransfer erweitert werden und neue Forschungskooperationen erschlossen werden. Die große wissenschaftliche Vielfalt im Fachbereich Maschinenbau zeigt sich in der Herausbildung einer dynamischen institutionellen Forschungslandschaft, die mit einer ausgeprägten Spezialisierung auf unterschiedliche Funktionen und Schwerpunkte im Wissens- und Technologietransfer einhergeht. In vielen Schwerpunkten ist das AIA stark anwendungsorientiert und forscht in wirtschaftsnahen Feldern.

 

Eingesetzte numerische Methoden am AIA:

Besonders hervorzuheben sind die Arbeiten im Bereich der numerischen Simulationen komplexer Multiphysikprobleme, die in zahlreichen international anerkannten Journalen erschienen sind. Hierfür findet der modular aufgebaute in-house Löser “Zonal Flow Solver” (ZFS) Verwendung. Die Anwendungsgebiete erstrecken sich u.a. von der Simulation von Motorinnenströmungen, Sprayverteilungen, Strömungen um Wiedereintrittskörpern in der Raumfahrt, über aeroakutsische Probleme in der Luftfahrt und Klimatisierung, hin zur Simulation respirativer Strömungen in den menschlichen Atemwegen. Dabei werden sowohl direkte numerische Simulationen (DNS) als auch Grobstruktursimulationen (LES), unter Verwendung geeigneter matrixskalierter Subgridscale-Modelle (SGS), durchgeführt. Für die Simulation kompressibler Strömungen kommt primär ein Finite Volumen (FV) Navier-Stokes Löser zum Einsatz, der mittels einer Level-Set Methode auch bewegte Ränder simulieren kann. Aeroakustische Probleme werden mit einem Discontinuous Galerkin (DG) Verfahren unter Lösung der Acoustic Pertubation Equations behandelt. Hierzu wird dieser Löser an das FV-Modul zur Quelltermextraktion gekoppelt. Für quasi-inkompressible Strömungen, wie sie beispielsweise auch bei respirativen Strömungen auftreten, findet ein Lattice-Boltzmann (LB) Verfahren Verwendung, welches auch in diesem Projekt zum Einsatz kommen soll. Des Weiteren ist ein Lagranger Partikellöser vorhanden, der sowohl an den FV- sowie an den LB-Löser gekoppelt werden kann. Das implementierte LB Verfahren unterstützt ein effizientes Single-Relaxation Time (SRT) sowie auch das für hohe Reynoldszahlen geeignete Multiple-Relaxation Time (MRT) Verfahren und das Cascaded LB (CLB) Verfahren. Die Temperaturverteilung lässt sich mittels eines Multi-Distribution Function (MDF) Ansatzes simulieren. Die LB Methode unterstützt ausserdem lokale Gitterverfeinerung und unterschiedliche Dirichlet, von Neumann und Haftrandbedingungen, um eine Vielzahl von Strömungsproblemen abzudecken. Alle Löser operieren auf hierarchischen kartesischen Gittern, sind hoch-parallel mehrstufig hybrid OpenMP/MPI implementiert und skalieren sehr gut über eine Vielzahl von Hochleistungsrechnern, die dem AIA zur Verfügung stehen (z.B. Hazel Hen, Höchstleitungsrechenzentrum Stuttgart; JUQUEEN und JURECA, Jülich Supercomputing Centre). Auch die Gittergenerierung  ist hoch-parallel und als separates Modul in dem Code integriert. Sie erlaubt die Generierung von DNS-fähigen Rechengittern zur Simulation großskaliger komplexer Multiphysikprobleme innerhalb kürzester Zeit und auf sehr vielen Prozessoren. Das I/O bedient sich hoch-paralleler Methoden der Bibliotheken parallel-NetCDF und HDF5 um effizient auf Daten auf parallelen Dateisystemen zu operieren.

 

Projektbeitrag des AIAs:

Das AIA wird aus dem bereits vorhandenen hoch-parallelen Forschungscode zur numerischen Simulation komplexer Strömungsprobleme (ZFS) essentielle Komponenten zur Simulation respiratorischer Strömungen extrahieren. Dies dient der Erhaltung der Nachhaltigkeit des Codes und soll in Zukunft erlauben effizient eine Vielzahl solcher Simulationen automatisiert abzuarbeiten. Es  entsteht ein fehlertoleranter und robuster Simulationscode der für spezialisierte Produktionsläufe eingesetzt werden kann. Insbesondere sollen neue Komponenten in die Software integriert werden, die „in-situ computational steering“, also die Steuerung der Simulation zur Laufzeit, erlauben. Diese Steuerung soll in Zusammenhang mit vor Ort laufenden virtuellen Operation eingesetzt werden, um bei Geometriemodifikationen während der Simulation, rückgekoppelt dem Operateur Feedback über sein operatives Vorgehen zu liefern. Die Schnittstelle zwischen Operateur und Simulationscode wird hierbei vom Jülicher Supercomputing Centre (JSC) des Forschungszentrum Jülichs (FZJ) geliefert. Die Implementierungen beinhalten entsprechende in-situ Analysefunktionalitäten, welche als Filter in einem Analysewerkzeug realisiert werden. Die Existenz eines solchen rückgekoppelten Verfahrens ist für eine echte Anwendung im Bereich der Medizin außerordentlich innovativ und wurde von noch keiner Forschergruppe und von keinem Unternehmen weltweit realisiert.

Des Weiteren sollen durch Vergleiche von vom AIA durchzuführende DNS Rechnungen und Reynolds-gemittelte Navier-Stokes (RANS) Simulationen, die vom Projektpartner Angewandte Informationstechnik Forschungsgsesellschaft mbH (AIT) bereitgestellt werden, der Fehler von RANS und die Kosten der jeweiligen Simulationsmethoden quantifiziert werden und ein Standard für solche definiert werden. Ergebnisse der Strömungssimulationen sollen denen von der Sutter GmbH zu liefernden 4PR Messungen gegenüber gestellt werden. Alle numerischen Berechnungen werden auf den Höchstleistungsrechnern des JSCs des FZJs durchgeführt.

Während der gesamten Projektlaufzeit wird das AIA außerdem unter Nutzung seiner fachlichen Expertisen im Bereich der numerischen und experimentellen Strömungsmechanik den Partnern AIT und in strömungstechnischen Fragestellungen beiseite stehen.